Ernst-Thälmann Park

Als sich der 100. Geburtstag Ernst Thälmanns (1986) und die 750-Jahr-Feier Berlins (1987) näherten, beschloss die DDR-Führung ein städtebauliches Paradeprojekt. Das Gaswerk Dimitroffstraße (heute Danziger Straße) sollte in einen gut 25 ha großen Park umgewandelt werden, in welcher das zentrale Denkmal für Ernst Thälmann und eine Wohnbebauung Platz fänden. 1982 wurde ein Wettbewerb ausgerufen.

Licht, Luft, Leitbild

Zentraler Blickfang war das Thälmann-Denkmal von Lew Kerbel, welches für die DDR-Künstler ein Ärgernis war, u. a. da sie das ursprünglich für den heutigen Zietenplatz an der Mohrenstraße gedachte Denkmal von Ruthild Hahne favorisierten. Kerbels Monument fand seinen Platz an der Greifswalder Straße und sollte einen städtebaulichen Rahmen erhalten. 1983 war der Wettbewerb dazu entschieden.

Zur Realisierung kam der überarbeitete Beitrag des VEB Wohnungsbaukombinats Berlin des Kollektivs um Helmut Stingl; als Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit unter Erhardt Gißke, damals Generaldirektor der Baudirektion Berlin. Die Idee war es, mitten im dicht besiedelten Prenzlauer Berg eine grüne Oase zu schaffen, mit Wohnungen, Dienstleistungs- und Kultureinrichtungen – und Thälmann eine großzügige Geste zu bieten.

Sprengung der Gasometer

Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung, die riesigen Gasometer sollten verschwinden, hieß es noch im Wettbewerbsurteil 1983, die Gasometer „werden als Industriedenkmal erhalten und später einer neuen Nutzung zugeführt“. Auch die präsentierten Entwurfsmodelle, ebenso der finale Entwurf, enthielten im Hintergrund die drei Gasometer als Teil der Parkanlage.¹

Trotzdem wurden diese am 28. Juli 1984 gesprengt, warum genau, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Thälmanns Luxus-Platten

Unter Zusammenarbeit mit dem VEB Ingenieur-, Hoch- und Tiefbau des VEB Wohnungsbaukombinat Dresden wurde als Rahmen des Denkmals ein neuer Hochhaustyp in Fächerform geschaffen, der WHH-GT 84/85.

Die Hochhäuser waren eine Revolution, da sie keine kubische Form mehr besaßen und das Elementesortiment gegenüber anderen Wohnhochhäusern um mehr als die Hälfte reduziert wurde. Die Wohntürme entstanden optisch links und rechts des Denkmals, mit 12, 15 und 18 Stockwerken.

Für die kleinere Bebauung wurde der WBS 70/11 abgewandelt und in Anbetracht des umliegenden Altbau-Bestandes auf acht Stockwerke reduziert.

Die Gebäude entstanden in drei Gruppen. Es wurden Winkelelemente verwendet, um die Häuser abzuknicken. Neu entworfen wurden auch besondere verglaste Loggien, Balkon-Loggia-Kombinationen und Eckterrassen sowie vier Wohnungen mit einem verglasten Atelier-Aufbau als neunter Stock. Die Häuser erhielten Balkonbrüstungen aus sogenanntem Abrissbeton (geriffelt), gemauerte Hauseingänge, Pergolen, vorgelagerte Hochbeete und Sitzbänke.

Nichts von der Stange

Insgesamt wurde auf eine extrem hochwertige Produktion der Plattenelemente geachtet, wozu diverse Versuchsreihen gestartet wurden. Für die Treppenhäuser wurden Farbschemen entwickelt, genauso wie eigene Hausnummern-Designs.

In Anlehnung an die historischen Verwaltungsgebäude, welche als Kultureinrichtungen erhalten blieben, versah man die Fassaden und Anbauten der Plattenbauten mit Verzierungen aus Klinkerriemchen.

In den Erdgeschossen der Häuser fanden Ladenstraßen, Restaurants und kulturelle Einrichtungen Platz. Zu Thälmanns Geburtstag waren die ersten Wohnungen im Park bereits bezogen, die Anlagen wurden pünktlich zur 750-Jahr-Feier Berlins fertiggestellt.

Es grünt so grün

Die Planer konzipierten das Wohngebiet bis ins Detail: Ein durchdachtes Wegenetz zwischen den Wohnhäusern, Geschäften, Denkmal und ÖPNV-Anbindung.

Ebenso wurden eine Schwimmhalle, ein Kulturzentrum, Restaurant-Pavillons, Kindergärten und gar ein Planetarium gebaut. Der Park wurde mit großen Liegewiesen versehen, vielen verschiedenen Baumarten, einem Abenteuerspielplatz, einem Teich mit Wasserfall und Rhododendron-Garten.

Die Häuserfassaden befinden sich größtenteils im originalen Zustand (Stand 2013), nur einige der WBS 70-Bauten erhielten gelbliche Farbanstriche.

Die Bäume im Park sind mittlerweile sehr groß, wie auch die Sträucher und Hecken. Durch den mangelnden Rückschnitt sind die Sichtbeziehungen heute empfindlich gestört, der Teich mit Wasserfall befindet sich nicht mehr offen im Park, sondern inmitten eines Urwaldes.

Das Thälmann-Denkmal gibt es noch immer, nur die Stelen mit Parteipropaganda wurden entfernt. Geschäfte, Theater und Gaststätten tun noch immer ihren Dienst.

Viele der Mieter erster Stunde leben noch immer dort, mitten im Grünen, mitten in Berlin. Die Wohnungen sind nach wie vor begehrt: Das Wohnen in der Thälmann-Platte erfreut sich bis heute größter Beliebtheit.

Inzwischen ist der Park ins Visier der Investoren geraten, auch der Bezirk lehnt eine Bebauung nicht mehr ab. Allerdings wurde das Ensemble Ernst-Thälmann-Park im Februar 2014 unter Denkmalschutz gestellt. Wir werden die Entwicklung beobachten und Neues einstellen.

Quellen

  • Architektur der DDR, Heft 4/1985
  • ¹ Architektur der DDR, Heft 10/1983, S. 598